Nach dem Grundsatz des effet utile (Art. 10 EG) ist die nationale Vorschrift so zu interpretieren, dass sie am Besten ihre bestimmungsgemäße Wirkung entfalten kann, dem Geltungsanspruch des europäischen Rechts Rechnung trägt und so zu dessen Durchsetzung verhilft.
In § 15 Abs. 2 AMG n.F. sind die durch Hochschulstudium nachzuweisenden Kenntnisse in einem umfassenden Fächerkatalog aufgeführt. Die umfassenden Kenntnisse bedeuten eine Einschränkung der Zugangsvoraussetzungen, sodass nicht jeder bisherige Kontroll- bzw. Herstellungsleiter auch als qualified person fungieren kann. Eine Ausnahme besteht lediglich nach der Übergangsvorschrift § 140 Abs. 3 AMG n. F., wonach eine Person, die die Sachkenntnis nach § 15 AMG n.F. nicht hat, aber am Tag der Verkündung dieses Gesetzes – voraussichtlich am 1.9.2005 - befugt ist, die in § 19 AMG n.F. beschriebenen Tätigkeiten einer sachkundigen Person auszuüben, als sachkundige Person nach § 14 AMG n.F. gilt.
Verantwortungsbereiche
Nach § 19 AMG n.F. ist die qualified person dafür verantwortlich, dass jede Charge des Arzneimittels entsprechend den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln hergestellt und geprüft wurde. Vor Inverkehrbringen ist die Einhaltung dieser Vorschrift in einem fortlaufenden Register oder vergleichbarem Dokument festzuhalten. Hatte man bisher bereits sachkundige Personen als Kontrolleiter eingesetzt, ist es nun auch möglich, dass sachkundige Personen für den Herstellungsbereich verantwortlich sind.
In der Tat muss hier auch vor einem Interessenkonflikt gewarnt werden, den ein zu komplexer Verantwortungsbereich und Komprimierung der Verantwortung auf eine Person nach sich zöge. Diese qualified person, die für die Auswahl der Rohstoffe, die Herstellung des Arzneimittels, deren Qualitätskontrolle und schließlich für die Freigabe verantwortlich ist, hat zwar eine ungeheure Verantwortung, muss sich aber auch vor sich selbst rechtfertigen. Interessenkonflikte sind hier vorprogrammiert.
Eine kaskadengleiche Verteilung der Verantwortungsbereiche auf mehrere qualified persons, die sich nach dem GMP-Leitfaden im Annex 16 unproblematisch auch vorherige Vorgänge bestätigen lassen können, erscheint demgegenüber als realistischeres Instrument, um den neuen Herausforderungen des Gesetzes gerecht zu werden. Jede qualified person muss aber das Kontrollsystem, nach dem zuvor geprüft wurde, als tragfähig akzeptieren.