Rechtsprechung zur Hörgeräteversorgung
Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2019, Aktenzeichen B 3 KR 20/08 R:
Es wurde entschieden, dass gesetzlich versicherte Personen einen Anspruch auf eine Hörgeräteversorgung dahingehend haben, dass sie nach dem Stand der medizinischen Technik ein solches Hörgerät bekommen sollen, dass die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen gesunder Personen erlaubt. Dieses Hörgerät muss im Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil bieten. Denn nicht in jedem Fall sind Hörgeräte nach dem Festpreismodell ausreichend, um die Hörschädigung zu kompensieren.
Sozialgericht Gießen, Urteil vom 25.09.2013, Aktenzeichen: S 4 R 651/11:
Es wurde entschieden, dass die Sozialkasse im vorliegenden Fall die Kosten für ein hochwertigeres Hörgerät erstatten muss, da der Küchenchef mit dem Festpreis-Standardgerät in seinem Job nicht auskommt. Denn beim Festpreisgerät würden die Geräusche nicht gefiltert, was die Arbeit in der Küche auf Grund der hohen Geräuschkulisse unerträglich gemacht habe. Das Festpreishörgerät hat jedenfalls nach Auffassung des Gerichts keinen ausreichenden Behindertenausgleich erbracht. Nach Auffassung des Sozialgerichts ist ein höherwertiges Hörgerät immer dann notwendig, wenn die hörgeschädigte Person in ihrem Beruf auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesen ist. Das das Hörgerät auch im privaten Bereich eine Hörverbesserung hervorrufe, sei nicht von Bedeutung.
Bundessozialgericht, Urteil vom 24.01.2013, Aktenzeichen: B 3 KR 5/12 R:
Es wurde entschieden, dass die Krankenkasse als erstangegangene Rehabilitationsträgerin im Sinne von § 14 Absatz 2 Satz 1 SGB IX zur Kostentragung gegenüber der Antragstellerin verpflichtet ist. Der Rehabilitationsträger könne sich nicht seiner leistungsrechtlichen Verantwortung dadurch entziehen, indem er sogenannte Verträge zur Komplettversorgung abschließt und sich damit seiner Verantwortung vollständig entzieht. Denn damit wird der Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sowie die Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung gem. § 33 SGB V verletzt, wenn der Rehabilitationsträger den Leistungserbringer die Entscheidung überlässt, ob diesem eine Teilhabeleistung zusteht. Im Ergebnis bedeutet das, dass die Krankenkasse den Antrag, sofern sie diesen gem. § 16 SGB I entgegengenommen hat, auch bearbeiten und über diesen entscheiden muss.
Bundessozialgericht, Urteil vom 24.01.2013, Aktenzeichen: B 3 KR 5/12 R:
Es wurde entschieden, dass wenn die Krankenkasse auf einen Hilfsmittelantrag einen Festbetrag bewilligt, welcher die beantragte Versorgung nicht deckt, diese nach § 14 SGB IX prüfen muss, ob ein anderer Rehabilitationsträger die Mehrkosten zu übernehmen hat.
Weiter wurde entschieden, dass wenn die versicherte Personen unmittelbar nach der Entscheidung der Krankenkasse, nur den Festbetrag zu zahlen, bei einem anderen Rehabilitationsträger einen gleichartigen Leistungsantrag auf Übernahme der Kosten stellt, dann kann dieser Antrag als Widerspruch gegen die Ablehnung der Mehrkostenübernahme gewertet werden.
Ebenfalls wurde entschieden, dass wenn ein aufwändiges Hörgerät nur wegen besonderen beruflichen Anforderungen benötigt wird, aber dieses Hörgerät auch im Alltagsleben genutzt werden kann, eine Kostenteilung zwischen Krankenkasse und Rentenversicherungsträger in Betracht kommt.
Sozialgericht Berlin, Urteil vom 31.08.2018, Aktenzeichen: S 71 KR 945/16:
Es wurden entschieden, dass Festbeträge den gesetzlichen Anspruch auf eine bedarfsgerechte Versorgung mit Hörgeräten nicht begrenzen können. Ermöglicht ein aufzahlungspflichtiges Gerät der hörgeschädigten Person ein besseres Hörvermögen, dann muss die Krankenkasse auch diese Kosten zum Ausgleich der Behinderung übernehmen. Dies ist insbesondere auch dann erforderlich, wenn es für die hörgeschädigte Person auf Grund einer Hör- und Lernbehinderung von großer Bedeutung ist, jedes Wort zu hören, um das Gesprochene zu verstehen.
Sozialgericht Hamburg, Urteil vom 17.05.2016, Aktenzeichen: S 8 KR 1568/15:
Es wurde entschieden, dass es unumgänglich ist, sich beim Anpassungsvorgang auf die subjektiven Eindrücke zu verlassen. Es ist nach Auffassung des Gerichts nicht alleine auf den Freiburger Sprachtest abzustellen, sondern auch auf die Alltagstestung. Denn der Freiburger Sprachtest dient nur zu einer ersten Orientierung. Bei der Alltagstestung ist zu berücksichtigen, ob die hörgeschädigte Person seine Gesprächspartner in geräuschvoller Umgebung verstehen kann. Weiter kommt es darauf an, wie das Hörergebnis im sonstigen Alltagsleben abschneidet, z.B. bei der Orientierung im Straßenverkehr, Verständigung im Supermarkt, Fernsehen, Kirche, Radio hören. Das Gericht hat festgestellt, dass diese Testung im Alltag im Gegensatz zum Freiburger Sprachtest dafür ausschlaggebend ist, ob ein unmittelbarer Behindertenausgleich im täglichen Leben erreicht wird.